Montag, 23 August 2010
Zitterpartie Einfahren passee: CNC-Simulationssoftware Vericut® senkte die Schrott-Ausfallrate bei der Aleris Aluminium Bonn GmbH von knapp zehn auf ein Prozent
„Keine gravierenden Programmfehler“
Die Rechnung geht in erster Linie beim Einfahren neuer Programme auf: Seit dem Einsatz der CNC-Simulationssoftware Vericut® ist die Schrott-Ausfallrate der Aleris Aluminium Bonn GmbH von knapp zehn auf ein Prozent gefallen. Ohne Crashs bei der Herstellung von Großteilen für den Waggonbau (u. a. Dach-, Boden- und Wandelemente), Schiffbau (u. a. Deckplanken) und Fahrzeugbau (u. a. Stoßfänger) geht ein nicht minder signifikanter Zeitgewinn einher. Machte die Einfahrzeit früher das rund Vierfache der Programmlaufzeit aus, konnte Aleris mit Vericut® das „Trial-and-Error“-Prozedere an der Maschine nahezu ganz einsparen bzw. die Einfahrzeit auf das notwendige Minimum reduzieren.
Aleris Aluminum Bonn GmbH im Profil
Aleris ist ein weltweit führender Anbieter von Aluminium-Walzprodukten und Profilerzeugnissen. Weitere Geschäftsfelder sind das Zink- und Aluminiumrecycling und Sonderlegierungen. Zu den Aleris-Kunden zählen Unternehmen aus den Branchen Luft- und Raumfahrt, Hoch- und Tiefbau, Behälter und Verpackung, Metallvertrieb und Transport. Die in der Bundesstadt Bonn ansässige Aleris Aluminium Bonn GmbH stellt mit Hilfe von drei Strangpressen Aluminiumprofile für zahlreiche Anwendungsbereiche her. Zwei Fünf-Achs-CNC-Bearbeitungszentren ergänzen den Maschinenpark stichhaltig. Schwerpunkte im Produktbereich liegen u. a. bei modularen, teils vorgefertigten Baugruppen für Waggon-Strukturen und Teilen für den Schiffsbau.
Ziemlich groß – ziemlich komplex
Größe und Komplexität der Bauteile gehen bei Aleris Hand in Hand. „Wir bearbeiten Aluminium-Stangpress-Profile und deren verschweißte Baugruppen – meist für den Bereich Schienenfahrzeuge respektive Waggonbau, Schiff- und Fahrzeugbau – mit maximalen Dimensionen von 30 Meter x 4,2 Meter x 1,2 Meter“, so Armin Drevenstedt, Produktions- und Abteilungsleiter der „Profil-Weiter-Verarbeitung“. Dabei handelt es sich zum Beispiel um Fußbodenplanken, Seitenwände oder komplexe Baugruppen zum direkten Einbau in die Rohkarosse eines Waggons.
Früher Usus: Einfahren an der Maschine
So groß dimensioniert die Bauteile sind, so differenziert und langwierig verläuft der Herstellungsprozess: Dem Gießen des Alu-Rohbarrens für die Strangpresse und Pressen des Profils schließt sich das Richten und Thermisches Auslagern (Thempern) an, bevor die Profile eventuell zu größeren Rohteilen zusammengeschweißt werden und die CNC-Bearbeitung erfolgt. Bei Bedarf sind daraufhin erneut Schweißarbeiten und nochmalige CNC-Bearbeitung erforderlich. Die tagtäglich enge Verzahnung von Schweißarbeiten und CNC-Bearbeitung findet ihre Entsprechung in der Aufstellung der Abteilung „Profil-Weiter-Verarbeitung“, die mit Schweißtechnikern und Experten für die CNC-Bearbeitung bestückt ist. Gruppenleiter „CNC-Technik / Support“ ist Torsten Curdt. Verantwortlich für die Programmierung und das CNC-technische Umfeld, weiß Curdt um die Vorgehensweise vor der Vericut®-Einführung: „Früher musste das neu geschriebene Programm vom Programmierer und Maschinenbediener an der Maschine erst eingefahren´ werden.“
Kollisionskontrolle selbst gebauter Spannvorrichtungen
Was leistet Vericut®? Vericut® simuliert die CNC-Fertigung unabhängig von Maschine, Steuerung und CAM-Systemen und überprüft das CNC-Programm auf Kollisionen und Fehler. Darüber hinaus optimiert Vericut® die Bearbeitungsvorschübe, so dass die Fertigung effizienter und schonender abläuft. Vertrieben wird die Simulationssoftware Vericut® im D.A.CH.-Raum von der Kölner CGTech Deutschland GmbH, die auch die Anpassung von Vericut® – schon seit 2006 ein Stützpfeiler der Fertigungssicherheit im Hause – an das bei Aleris verwendete CAM-System Mastercam vollzog. Seit Mitte September 2009 simuliert Vericut® alle Fräswege der ca. 120 mit Mastercam programmierten NC-Programme, die auf die beiden Fünf-Aschs-Bearbeitungszentren gehen. Weiterhin sorgt das Programm für eine effektive Kollisionskontrolle mit den selbst gebauten Spannvorrichtungen. Durchaus markant: Vericut® ermöglicht schon bei der Konstruktion eine grundsätzliche technische Kontrolle, die beim späteren realen Maschinenlauf wegen teilweiser Unzugänglichkeit der Bearbeitungsstellen unmöglich wäre.
25 Jahre Fortschritt im Schnelldurchlauf
Ohnehin fügen sich die zwei Lizenzen Vericut® in der CNC-Fräsabteilung von Aleris exzellent in das durchdachte Konzept aus Human Resources, Maschinenpark und EDV-Infrastruktur ein. Ihren Anfang nahm die computergestützte 2D-3D-Geschichte bei Aleris 1985. Ein Chiron FZ16 Bearbeitungszentrum ging damals in Betrieb, die Programmierung erfolgte mit Hilfe des 2D-CAD-Programmes „CoCreate ME10“. Von 1986 bis 1988 wurde die CNC-Abteilung auf sechs CNC-Maschinen aufgestockt (3 x Norte / 3 x Chiron). Ebenfalls noch „händisch“ mit CoCreate ME10 erfolgte die Programmierung der Programme für die im Mai 1998 angeschaffte Fooke „Endura Langbett Maschine“ (25 Meter x 4 Meter x 1,2 Meter), ehe Aleris in Bonn 2003 mit der CAD-Konstruktionssoftware Solidworks 3D-Support erhielt, seit 2005 die CAM-Programmierung mit Mastercam realisierte und für die Simulation der CNC-Programme ein Jahr später erstmals Vericut® einsetzte.
„Keine gravierenden Programmfehler“
Seit 2008 arbeitet Aleris mit zwei Mastercam- und Vericut®-Lizenzen und richtete die Software ab November 2008 für eine in der Anschaffung befindliche, zweite Fooke Langbett Maschine gewissenhaft ein. Zunächst erfolgte die Justage von Mastercam und des Postprozessors an die neue Maschine, es folgten drei Wochen Testprogrammierung mit Kontrolle der Programme durch den Maschinenhersteller. Anschließend stimmte Aleris in enger Zusammenarbeit mit CGTech Vericut® auf die neuen Programme für die neue Maschine ab und ließ eine dreiwöchige Testphase mit Optimierungen durch CGTech folgen. Im März 2009 begann die Produktions-Programmierung und Simulation. Der eigentliche Produktionsstart an der neuen Fooke Langbett Maschine erfolgte im August 2009. Auch hier war angesichts der extremen Folgekosten bei einem Maschinencrash ein Vorgehen mit Augenmaß gefragt. Woche für Woche steigerte Aleris die Kapazitäten an der der Maschine bis hin zum dreischichtigen Betrieb – seit Mitte September 2009 läuft die volle Produktion – auch und gerade durch den Vericut®-Einsatz „ohne gravierende Programmfehler“, konstatiert Torsten Curdt zufrieden.